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Vereinsgeschichte

 

Die Festschrift zum 60. Geburtstag der "Meisterwerke" von Mai 2014 reicht zurück bis zu den Anfängen im Jahr 1954. Wir sind glücklich, dass seitdem weitere Seiten der Geschichte unserer Reihe geschrieben und auch neue Kapitel hinzugekommen sind.

 

Es begann mit Beethoven...

Der Reihe „Meisterwerke-Meisterinterpreten“ zum 60.

von Gunter Naumann


Fast vierhundert Konzerte! Natürlich ist das eine der beliebten „Hochrechnungen“. Eine genaue Zahl wird heute wohl niemand mehr mit Bestimmtheit angeben können, aber es ist offensichtlich: da hat sich Einiges „angesammelt“ in diesen sechs Jahrzehnten Geschichte unserer Kammermusikreihe. Eine Geschichte, die nicht nur reich war an Musik, sondern auch an Wandlungen (wie konnte es anders sein?) und an Engagement Musikbegeisterter - treuer Hörer, Organisatoren, Sponsoren und nicht zuletzt der ausführenden Künstler selbst - das sie bis heute trug. Genug Anlass also auch für ein bisschen „Archäologie“, den Blick zurück auf die frühen Zeiten der Reihe. Suche nach den Wurzeln kann ein spannendes Erlebnis sein. Frau Dietzel von unserem Verein hat sich der Mühe dieser Spurensuche unterzogen.

Auf der Suche nach dem „big bang“ unserer Kammermusikreihe müssen wir uns in die - schon so weit entfernt erscheinende - Zeit der 1950er Jahre zurückversetzen. Das erste Konzert (von konzipierten sechs Kammermusikabenden) fand am 30. März 1954 im Festsaal der Kreuzschule statt - vor vollem Hause, wie die Zeitung „Sächsische Neueste Nachrichten“ am 4. April 1954 berichtete. Es spielte das Böttger-Quartett der Dresdner Philharmonie (Rudolf Böttger und Dieter Kießling - Violine, Reinhold Ilchmann - Viola, Ernst Kammel - Violoncello); auf dem Programm: Ludwig van Beethoven (Streichquartett op. 18 Nr. 1), Josef Suk (Meditation über einen Choral), Robert Schumann (Streichquartett op. 41 Nr. 3). In den folgenden Konzerten erklangen darüber hinaus auch Werke von Bach, Mozart, Schubert, Dvořak, Hindemith. Durch die Programme führte Gottfried Schmiedel, allen langjährigen Hörern sicherlich unvergessen. Aber - er war nicht nur eben ein Moderator, sondern wahrhaftig der Anreger, der geistige Vater dieser Reihe. Ohne ihn wäre sie wohl nicht entstanden, wie ihm überhaupt das Dresdner Musikleben dieser Zeit unendlich viel verdankte.

Noch waren die Konzerte - offiziell veranstaltet von der Gewerkschaft Erziehung und Unterricht und dem Haus der Lehrer - in erster Linie als Weiterbildungsveranstaltung für Lehrer gedacht, mit kostenlosem Eintritt für Mitglieder der Gewerkschaftsgruppe. Aber das „Schiff“ hatte „Fahrt aufgenommen“, der Zuspruch muss beachtlich gewesen sein und so legte bereits eine Folgesaison 1954/55, mit acht Konzerten unter dem Namen „Meisterwerke deutscher Kammermusik“ (mit dem Untertitel „musikwissenschaftliche Reihe“) die Basis für eine auf Dauer angelegte Konzertreihe. Unter dem Motto „Von Bach bis Hindemith“ war jedes Konzert dieser Saison einem anderen Komponisten gewidmet. Zu den oben bereits Genannten gesellten sich noch Brahms und Reger. Wieder spielte das Böttger- Quartett (in teilweise veränderter Besetzung), aber die Liste der Aufführenden und ihrer Instrumente war entsprechend der gebotenen Stücke insgesamt deutlich länger. Wieder war es natürlich Gottfried Schmiedel, der die Abende moderierte.

Das erste Ulbrich-Quartett

v.l.n.r., Aufnahme Anfang 1950er Jahre

Heinz Werner
(2. Violine, Staatskapelle 1948 – 1955)
Gerhard Woschny
(Violoncello, Staatskapelle 1948 – 1951)
Rudolf Ulbrich
(1. Violine)
Artur Meyer
(Viola, Staatskapelle 1946 – 1976, im Quartett bis 1956)

Das Interesse an der Kammermusik in Dresden in dieser Zeit, und speziell an dieser Reihe, war aus heutigem Blickwinkel mit Hörerzahlen von bis zu vierhundert - pro Abend! - bzw. um die 3000 pro Saison (immer noch vorwiegend Lehrer) wahrhaft beeindruckend. Diese gewachsene Popularität geht zweifellos auch auf eine der „Sternstunden“ der Reihe zurück. Es fanden sich für lange Jahre fünf Protagonisten zusammen, die diese Reihe zu ihrem „Lebenswerk“ machten: Gottfried Schmiedel und das legendäre Ulbrich-Quartett der Staatskapelle Dresden. Bis weit in die sechziger Jahre gestalteten sie allein jedes Konzert. Das waren jeweils sechs Konzerte pro Saison, in denen drei Streichquartette pro Konzert erklangen! Gottfried Schmiedel blieb auch danach der Moderator der Konzerte bis zu seinem Ausscheiden (Ende 1983), die „Ulbrichs“ übernahmen bis zu ihrem „Adieu“ Ende 1986 immer noch drei bis vier Konzerte jeder Saison.

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Neue Kapitel

aufzuschlagen heißt, an die vorangegangenen anzuknüpfen - anknüpfen zu dürfen. Das Wichtigste bei allen Konzerten ist und bleibt das Publikum. Glücklicherweise ist uns eine sowohl der Kammermusik als auch den Meisterwerken selbst verbundene Zuhörerschaft erhalten geblieben, so dass es nicht nur nach 2014 nahtlos weiterging, sondern auch nach und während der großen Krise für die Kultur in der Corona-Zeit. In eben diese schwierige Phase fiel der lang vorbereitete Generationswechsel im Verein. Andreas Priebst übergab die Leitung der "Meisterwerke" nach fast 40 Jahren unermüdlichen Engagements an seinen Cello-Kollegen Matthias Wilde und dessen Kammermusikfreundin Eva Dollfuß. Dass damit ein Musiker der Sächsischen Staatskapelle Dresden und eine Musikerin der Dresdner Philharmonie seine Nachfolger wurden, erfüllte ihm ein Herzensanliegen. Die Staffelübergabe wurde im Juli 2022 in der Weinbergkirche - wie könnte es anders sein? - auch musikalisch mit einer gemeinsamen Aufführung des Streichsextetts Opus 18 von Johannes Brahms gefeiert.

Ausklang Konzert Weinbergkirche

v.l.n.r., Aufnahme vom 03.07.2022

Christian Dollfuß
Matthias Wilde
Yukiko Inose
Matan Gilitchensky
Eva Dollfuß
Florian Richter
Andreas Priebst

Inzwischen finden die Konzerte wieder im Gemeindesaal der Christuskirche statt - zurück zu den Wurzeln. Der Wunsch, Meisterwerke der Kammermusik aus jeder Epoche zu Gehör zu bringen, ist so lebendig wie vor fast 70 Jahren. Die Erkundung neuer oder selten gespielter Musik, die Einladung hochkarätiger Künstler,  Experimentierfreude im Umgang mit dem Saal, das Einschlagen neuer Wege über Kooperationen mit Kulturinstitutionen, um junge Musiker zu fördern, und ein stetes Verbessern des Services für unsere Gäste ist dabei ein hohes Anliegen. Eine unserer wichtigsten Stützen ist und bleibt Viola Glaß, die auch dem neuen Leitungsteam erhalten geblieben ist und deren Gesicht Ihnen allen durch den Ticketverkauf bekannt sein dürfte. Freuen wir uns auf alle Konzerte, die es gemeinsam zu erleben gibt und bleiben Sie uns gewogen!


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Künstler


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Konzerte


Res severa verum gaudium - dieser berühmte Satz Senecas war immer Antrieb für künstlerisches Schaffen, egal ob im Ausdruck großer Kraft und überschwenglicher Freude oder in Momenten tiefer Niedergeschlagenheit. Ernst und Tiefe, Wahrheit und Lebendigkeit, das ist der Anspruch bedeutender Kammermusik und das ist auch das Versprechen unserer Konzerte.